Auszug aus dem Katalogbuch >Hans Fähnle. Maler<, erschienen zur Ausstellung in Flein 2013.
Biografie Hans Fähnle Katalog Flein 2013[...]
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    Biographie Hans Fähnle (1903 - 1968)

 

(Text und Fotos nach Katalogbuch zur Ausstellung Hans Fähnle. Maler 2013 in Flein)

 

     1903

12. Juni: Hans Eberhard Fähnle wird in Flein als zweiter Sohn des Schulrektors Paul Fähnle und seiner Frau Luise, geb. Schwarz geboren.

 

     1920-22

Besuch der Evangelisch-Theologischen Seminare Schöntal und Urach

 

     1922-24

Studium an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie Stuttgart bei Robert Poetzelberger, Christian Speyer und Robert Breyer, die einen impressionistischen Malstil vertreten; Beginn der Freundschaft mit Rudolf Müller, Wilhelm Geyer und Franz Frank. Fähnle konzentriert sich auf die klassischen Themen Porträt, Landschaft, Stillleben und vereinzelt Stadtansichten.

 

     1924-1925
Studium an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst Berlin in der Radierklasse mit Meisteratelier bei Hans Meid, dessen impressionistisch lockere Bildauffassung sich jedoch nicht auswirkt; beeindruckt von Hans von Marées und damaligen Ausstellungen der Französischen Moderne; unter möglichem Einfluss von Lovis Corinth entwickelt sich ein gemäßigt expressionistischer Malstil.

 

     1925-1926

Meisterschüler und Atelier bei Georg Burmester, einem norddeutschen Marine- und Landschaftsmaler an der Akademie Kassel. Auch dessen Werk ohne merklichen Einfluss. Aus der Kasseler Zeit erhalten ist eine kraftvolle Ansicht der Orangerie (Titel, Nachweis, Inv.Nr.?). Freundschaften mit Richard Hohly, Otto Staudenmaier, Josef Kranzhoff.

 

     1926

Verregneter Malsommer in Lochau bei Bregenz am Bodensee; der erhoffte Aufbruch in eine freie Malerexistenz misslingt. Fortsetzung des Studiums an der Akademie in Kassel. Bekanntschaft mit dem Intendanten Paul Bekker und seiner Frau Hanna Bekker vom Rath; die Malerin und spätere Galeristin in Frankfurt, fördert HF immer wieder ist mit ihm über Jahrzehnte in freundschaftlichem Kontakt.

 

 

     1926-1935 Wanderjahre

 

Auf der Suche nach dem passenden Ort für eine Künstlerexistenz pendelt Fähnle ständig zwischen gesicherten und erfolgversprechenden Standorten:

1926-1928 meist an der Akademie in Kassel

1927 zeitweilig im Blauen Haus in Hofheim und auf dem niederschlesischen Hofgut Pförten bei Onkel Ernst

1928 im Frühjahr Malaufenthalt auf Rügen

1928-1929 Atelier in Berlin

1929 über Hofheim zum Malsommer auf die Insel Reichenau; erste Symptome seiner schmerzhaften Erkrankung der Beine.

1930 erneut in Berlin und auf Hofgut Werben nahe Berlin bei seinem Bruder Ernst, im Sommer Fahrradtour nach Südfrankreich, durchs Rhonetal und nach Marseille.

1931 längere Zeit in Werben, dazwischen in Hofheim, im Herbst mit einer Schafherde unterwegs von Bayern nach Werben

1931-1932 in den Wintermonaten Atelier in Hofheim.

1932-1933 in Überlingen, Mitarbeit beim Bau des Elternhauses

1934 einige Monate in Preten an der Elbe bei der Familie der Schwester Ruth, dann zum Malsommer nach Überlingen und Dingelsdorf

1934/35 zum Jahreswechsel zwei Monate in Frankfurt

 

Fähnle sucht fortwährend nach Arbeits- und Ausstellungsmöglichkeiten und wirkt als Illustrator, Bühnenbildner, Dekorationsmaler, kopiert Meisterwerke aus Museen (erhalten ist eine Kopie von Peter Paul Rubens aus den Kassler Kunstsammlungen) oder fertigt Entwürfe für Kleinplastiken, um dann wieder frei malen zu können.

 

     1927
Aufenthalt im Blauen Haus der Galeristin Hanna Bekker vom Rath in Hofheim im Taunus. Er besucht sie mehrfach in den folgenden Jahren, zeitweise stellt sie ihm auch ein Atelier in Berlin zur Verfügung.1927 und 1929 portraitiert Fähnle Kilian, den Sohn von Hanna Bekker.

 

     1932

Nach der Pensionierung von Paul Fähnle ziehen die Eltern nach Überlingen am Bodensee und bauen sich dort ein Haus mit Blick über den See. Hans Fähnle besucht sie regelmäßig und richtet sich bei ihnen ein Atelier ein.

 

     1934/35

Zweimonatiger Aufenthalt in Frankfurt am Main; begeisterter Besuch der Sammlungen des Städels. Stadtansichten in Zeichnungen und Gemälden.

 

 

     1935

Übersiedlung nach Stuttgart; Wohnungen zunächst in Bad Cannstatt, dann bis zur Kriegszerstörung in der Schützenstraße, schließlich ab1948 bis zum Lebensende im wiederaufgebauten Städtischen Atelierhaus in der Ameisenbergstraße 61.

 

     1935

Reise nach Venedig zur großen Tizian-Ausstellung, nach Florenz und zurück über Zürich.

 

     1936

Erste große Einzelausstellung im renommierten Kunsthaus Schaller. Fähnle zeigt insgesamt 47 Bilder sowie eine Reihe von Aquarellen und Zeichnungen; es handelt sich vorwiegend um frühere Werke in spätimpressionistischem Stil. Die Ausstellung wird durchweg positiv besprochen. Fähnle hat seine Bildauffassung aber bereits merklich weiterentwickelt. Seine Bilder werden im Ausdruck expressiver und im Farbauftrag direkter. Innere Bildvorstellungen treten an die Stelle impressionistischer Wahrnehmungen.  

 

     1936-1941

„Eiertanz“ zwischen Brotarbeit und freier Malerei; Befürchtung, seine neuen malerischen Tendenzen könnten kontrolliert und untersagt werden; daher und zum Überleben zahlreiche Arbeiten im Bereich ‚Kunst am Bau‘ – Glasfenster, Wandgemälde, Dekorationsmalerei, Holzintarsien, Sgraffito sowie Reklame und technische Zeichnungen.

 

     1941-45

Soldat und Kriegsdienst als Mitglied eines Eisenbahntransport- und Sicherungsregiments zuerst in Russland an der Ostfront, dann in Lothringen an der zerbrechenden Westfront, zuletzt von Wien aus auf dem Balkan.

 

     1941

Tod des 21-jährigen Bruders Gotthold im Russlandfeldzug.

 

     1942

Tod des Vaters. Verpflichtung zur Organisation der Ausstellung „Künstler im feldgrauen Rock“.

An der Ostfront entstehen 22 Kreidezeichnungen, die Hans Fähnle unter dem Titel „Passion 1942“ zusammenfasst und 1946 als Lichtdrucke publiziert.

 

     1944

Zerstörung des Stuttgarter Ateliers bei einem Bombenangriff, Verlust von Teilen des Frühwerkes.

 

     1945

Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft.

 

     1946-1947

Erste Ausstellungen mit einzelnen Blättern des Grafikzyklus Passion und mit Gemälden in Stuttgart (Kunst gegen Krieg), Basel, Konstanz und Tübingen (Moderne Deutsche Kunst: ‚Kreuzigung‘, 1946, und ‚Der verlorene Sohn‘)

 

     1947-1948

Mitarbeit beim Wiederaufbau des städtischen Ateliergebäudes in der Ameisenbergstraße 61 in Stuttgart; Bezug eines der Ateliers; Nachbarschaft mit Rudolf Müller, Eugen Stammbach und Heinrich Kübler. Mitglied der Society of Modern Art / Freie Ausstellergruppe in Stuttgart.

 

     1947

Mitbegründer und Lehrer für Malerei der Freien Kunstschule Stuttgart.

Teilnahme an der Ausstellung der Freien Ausstellergruppe im Haus Sonnenhalde, dem privaten Galeriegebäude von Hugo Borst in Stuttgart, sowie an der ersten Ausstellung der Galerie Dr. Herbert Herrmann.

     1948

Teilnahme an der Ausstellung Stuttgarter Künstler in Beverly Hills/USA.

 

     1951-53

Reisen nach Italien, Spanien, Nordafrika, nach Paris und in die Normandie.

 

     1952

Gründungsmitglied der Freien Gruppe Stuttgart; Mitglied der Jury und des Ausschusses des Verbandes bildender Künstler Württembergs.

Teilnahme an einer öffentlichen Diskussion mit Willi Baumeister zur Bedeutung der abstrakten Kunst, die vom Südfunk Stuttgart aufgezeichnet wird.

 

     1954-63

Öffentliche Kunst am Bau-Aufträge in Stuttgart.; regelmäßige Teilnahme an Ausstellungen des Württembergischen Kunstvereins, des Künstlerbundes Stuttgart und ab 1955 des Künstlerbundes Baden-Württemberg.

 

     1955

Seit dem Gründungsjahr Mitglied des Künstlerbundes Baden-Württemberg, in dessen Jury Fähnle mehrfach berufen wird und für den er immer wieder die Hängung von Ausstellungen übernimmt.

 

     1957

Starker Schub seiner schmerzhaften Erkrankung der Beine (Burning-feet-Syndrom?)

 

     1958

Zusammen mit den Stuttgarter Künstlern Rudolf Müller, Volker Böhringer, Maxim Köhler, und Fritz Ruoff; Ausstellung im Palazzo delle Esposizioni in Rom, Gemeinschaftsausstellung in der Galerie Senatore und große Einzelausstellung im Stuttgarter Kunsthaus Fischinger.

 

     1961

Tod des langjährigen Freundes, Förderers und Sammlers Erich Schlenker; Fähnle verfasst den Nachruf für den Mitbegründer des Künstlerbundes Baden-Württemberg für dessen Ausstellungskatalog 1962.

 

     1963

Mitglied der Künstlervereinigung Freie Gruppe Stuttgart, an deren letzter Ausstellung im Württembergischen Kunstverein er sich beteiligt. Reise mit Franziska Sarwey nach Griechenland/Aigina; es entstehen abstrahierte Landschaftsbilder in leichter und heller Tönung.

 

     1965

Die anhaltend heftigen Schmerzen in den Beinen verbunden mit tagelanger Schlaflosigkeit steigern sich; die Suche nach den Krankheitsursachenbleibt ebenso erfolglos wie der Einsatz von Medikamenten zur Schmerztherapie.

 

     1968

Januar: Deutliche Schwächung des Gesundheitszustandes; Auftrag an den Bruder zur Abfassung des Testamentes; nochmals umfangreiche Bestellung von Farben.

12. März: Hans Fähnle stirbt an den Folgen eines krankheitsbedingten Sturzes in seinem Stuttgarter Atelier.

 

Der Bruder Ernst Fähnle beschließt, auf dem Familiengrundstück in Überlingen ein Galeriegebäude zu errichten, das einen großen Teil des künstlerischen Nachlasses von Hans Fähnle aufnehmen und der Öffentlichkeit zugänglich halten soll. Bau 1969, Eröffnung 1970.