Zwei Gemälde von Hans Fähnle kehren an ihren Tatort zurück

 

Von Winterthur nach Preten

 

 

     Die Vorgeschichte

 

Das ehemalige Gutsdorf Preten gehört zur Gemeinde Amt Neuhaus und liegt im nördlichen Kreis Lüneburg an der Sude, einem kleinen Nebenfluss der Elbe. Wie schon früher berichtet, lebte Hans Fähnle 1933/34 einige Zeit in Preten bei seiner Schwester Ruth und seinem Schwager Curt Haasemann. Das Ehepaar Haasemann bewirtschaftete damals das Landgut Preten im Auftrag der „Preußischen Siedlungsgesellschaft mbH Berlin“. Curt Haasemann verfügte als Diplomlandwirt über die beruflichen Voraussetzungen und wohnte mit der jungen Familie im Gutshaus/Schloss. Während Ernst Fähnle bei seinem monatelangen Aufenthalt in Preten 1933 dem Schwager in der Landwirtschaft half, nutzte Hans die anschließenden Monate 1934 zur Hilfe bei der Renovierung der Wohnräume (Link): „... Ich hatte bislang immer noch mit Anstreichen zu tun, habe nun 5 Zimmer gestrichen. Jetzt ist noch der Maler da, tapeziert das große Esszimmer. ... Zuerst will ich noch ein größeres Wandbild hier ins Kinderzimmer malen. Man könnte hier ja manches noch malen … (Brief April 1934).

 

Seine freie Zeit nutzte Fähnle zum Zeichnen und Malen, meist in der Natur, an der Sude und der Umgebung des Dorfes, wie die zahlreichen hinterlassenen graphischen Arbeiten und Gemälde belegen. Der norddeutschen Landschaft als Motiv stand er anfangs offenbar recht skeptisch gegenüber, zum Teil auch wegen seiner tiefen Abneigung gegen nasskaltes Winterwetter: „…Vorgestern hab ich mit Kurt eine Fahrt da in die Gegend gemacht. Diese niedersächsischen Gehöfte und Dörfer sind einem was ganz neues und die Gegend ist überhaupt nicht uninteressant. Nur kalt ist‘s halt und feucht, man kann nicht allzu viel draußen arbeiten. Vorgestern war der Schnee ziemlich weggeschmolzen, jetzt liegt aber schon wieder neuer. ...“ (Brief 4. Januar 1934).

 

In Fähnles Winterbild der Sude mit dem einsamen Kahn unter einem grauen Himmel spürt man die nasse Kälte geradezu körperlich (Hans Fähnle. Ohne Titel 'Winter an der Sude', signiert, undatiert. 75 x 115 cm. Privatbesitz). Abbildung mit lyrischem Text

 

     Dorfverein trifft Förderverein

 

Am 4. April 2017 traf auf der Homepage der Galerie-Fähnle-Freunde eine Mail ein: „... ich hab heute per Zufall (Google macht's möglich) Ihre Fähnle-Seite entdeckt. Weder kannte ich bisher diesen Maler (wobei ich mich in die Kategorie "Kunstbanause" einordnen würde - hab grad mal was von Picasso gehört...) noch seine Beziehungen zu Preten. ...“. Der Schreiber war Sigbert Helle, der damals - und bis heute - an der Webseite des Pretener Dorfvereins „bastelt“. Und weiter schrieb er: „... Da Preten nun nicht gerade mit Sehenswürdigkeiten (aus Stein oder aus Fleisch und Blut) gesegnet ist, hat mich diese Verbindung "Fähnle-Preten" natürlich elektrisiert. ...“

 

Das war der glückliche Beginn eines regen und andauernden Austauschs zwischen dem Pretener Dorfverein und Mitgliedern des Fördervereins. Historische Fotos wurden befragt, Fähnles Brieftexte ausgewertet, die in Preten entstandenen Zeichnungen und Bilder und ihre Malstandorte wurden gesucht und bereits im Herbst 2017 eine erste Fähnle-Präsentation veranstaltet. Ein geeigneter Ort dafür war die Bruchmühle im benachbarten Vellahn - 'Werkstatt für Kultur'. Mit Gemälden und Grafiken Hans Fähnles, lyrischen Interpretationen einzelner Kunstwerke, mit Briefen, der Biographie des Malers und dem konkreten Bezug zur Pretener Topografie, Dorf- und Schlossgeschichte konnten die Gäste Hans Fähnle erleben - musikalisch begleitet von Harfenmusik. Als Mittler, Motor und Mitgestalter muss das Engagement von Dr. Herbert Wilhelm und seiner Frau Ingrid besonders hervorgehoben werden: sie sind von Hans Fähnle "infiziert"!

 

Seither setzen sich Austausch und Aktivitäten rund um "Hans Fähnle in Preten" fort. 2022 organisierte der Dorfverein eine kleine Ausstellung im alten Bahnhof, dem Café "Schwarzes Schaf": großformatige Fotos von Zeichnungen und Gemälden zeigen, was Fähnle 1934-35 in Preten festgehalten hat.

Im Gespräch mit Barbara Bourzutschky, einer Nichte Hans Fähnles, entstand Anfang 2023 die Idee, der Dorfgemeinschaft Preten neben den verkleinerten Fotos von Gemälden mit Motiven von Dorf und Sudelandschaft vielleicht auch ein originales Fähnle-Gemälde zu überlassen. Bei dem Ehepaar Bourzutschky fiel die Wahl letztlich auf zwei Gemälde mit Motiven aus dem Pretener Schlosspark. Von diesen Bildern trennten sie sich gerne und schenkten sie der Dorfgemeinschaft.

 

Dr. Helmut Bourzutschky scheute keine Mühe, einen Kunstspediteur für den Formular- und Transportweg über die EU-Außengrenze bis an die Elbe zu finden. Das große „Kunst“-handwerkliche Geschick von Helmut Bourzutschky kam dann bei der edlen Transportkiste zur Entfaltung. Darin reisten die beiden Kunstwerke Anfang September 2023 nach Preten und wurden taufrisch vom Vorsitzenden des Dorfvereins, Joachim Müller, in Empfang genommen: Die beiden Fähnle-Originale von 1934 waren nach fast 90 Jahren wieder an ihrem „Geburtsort“.

 

Der Dorfverein fühlt sich durch die geschenkten „Fähnles“ geehrt und verbindet seinen Dank nach Winterthur mit einer herzlichen Einladung nach Preten.

 

 

Ein spannender Abend im Cafe 'Schwarzes Schaf': Die Präsentation der geschenkten Gemälde.

ZEITZEUGEN - Zu Besuch im »Café Deutschland«

 

Es macht mir immer besondere Freude, Zeitzeugen der Kunst zuzuhören. Bei Veranstaltungen in der Galerie Fähnle kamen wiederholt Menschen zu Wort, die uns von Ihren Begegnungen mit Hans Fähnle, seinen Malerfreunden, seiner Familie berichteten. Die Erinnerung dieser Zeitzeugen vermittelt uns ein sehr persönliches, authentisches Stück Kunstgeschichte  - gelegentlich verbunden mit der Illusion, damals selbst ein wenig „dabei“ gewesen zu sein.

 

Daher möchte ich auf ein großes Projekt hinweisen, das vom Städel Museum Frankfurt unter Leitung von Franziska Leuthäußer erarbeitet wurde  - Titel der vielstimmigen Erzählung:

 

»Café Deutschland. Im Gespräch mit der ersten Kunstszene der BRD«

 

Bei einem Besuch im Café Deutschland können Sie ganz tief in die erzählte Geschichte und Geschichten der Nachkriegskunst einzutauchen. Die Fülle des Materials ist überwältigend und ich vermute, es wird nicht Ihr letzten Besuch in diesem kunst-gefüllten Kaffeehaus sein.

 

Aus der Einführung:

"... „Café Deutschland“ ist ein Oral-History-Projekt über die erste Kunstszene der BRD. Hier kommen mehr als 70 Künstler, Galeristen, Kunsthistoriker, Kritiker und Sammler zu Wort. Sie berichten in Gesprächen von ihren Erlebnissen und schildern ihre Sicht auf das Kunstgeschehen von der Nachkriegszeit bis heute. ..."

 

Hier der Link zu Ihrem Besuch im Café Deutschland:

https://cafedeutschland.staedelmuseum.de/

 

 

 

Galerie Fähnle ist das MUSEUM DES MONATS im September 2023!

 

Eine kleine Werbung in eigener und anderer Sache

 

Jetzt ist es wieder Zeit, über den Kalenderkauf für’s nächste Jahr nachdenken. Daher meine Empfehlung:

 

Kaufen oder verschenken Sie »Kunst 2023 - Künstler Werke Museen«. Der seit 30 Jahren beliebte Kalender von Harenberg überrascht an jedem Tag mit einem kleinen Kunstgenuss. Im kommenden Jahr 2023 entdeckt man im September:

 

Unsere Galerie Fähnle ist das MUSEUM DES MONATS!

 

Mich und meine Frau begleitet dieser Kunstkalender seit vielen Jahre. Morgens liegt er am Frühstückstisch und präsentiert erste "Appetit-Häppchen" mit Kunst. Bekannte oder weniger bekannte Künstlerinnen und Künstler entdecken wir neu, in so manche Biografie taucht man gerne tiefer ein, vorgestellte Galerien und Museen notieren wir für eine gelegentlichen Besuch.

 

Also: Am besten gleich ein Weihnachtsgeschenk kaufen oder für den eigenen KUNSTgenuss reservieren.

 

Volker Caesar